Rechtsprechungsänderung – Welche Kündigungsfristen gelten nun für Geschäftsführer?


Das BAG hat entschieden, dass die deutlich kürzeren Kündigungsfristen des § 621 BGB für (Fremd-) Geschäftsführer gelten (BAG, Entscheidung vom 11. Juni 2020 – 2 AZR 374/19). Mit seinem Urteil weist das BAG die bisherige BGH-Rechtsprechung zurück.

Ausgangslage – Gesetzliche Regelung der Kündigungsfrist

Die Frage, mit welcher Kündigungsfrist das Dienstverhältnis zu kündigen ist, ist ausdrücklich im Gesetz geregelt (§ 621 BGB). Demgegenüber sind die Kündigungsfristen für Arbeitsverhältnisse gesondert normiert (§ 622 BGB).
Dennoch wurde bisher angenommen, dass die letztgenannte Norm (§ 622 BGB) entsprechend auf (Fremd-) Geschäftsführer anzuwenden wäre. Dies hat zur Folge, dass oftmals eine deutlich längere gesetzliche Kündigungsfrist zu beachten ist. Die Kündigungsfrist verlängert sich insbesondere mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit.

Bisherige Argumentation – Geltung derselben Kündigungsfrist, wie für Arbeitnehmer?

Hintergrund dieser Ansicht – die der BGH in zwei älteren Entscheidungen vertreten hat – ist, dass zumindest der nicht an der Gesellschaft beteiligte Fremdgeschäftsführer im Hinblick auf § 622 BGB mit einem Arbeitnehmer vergleichbar sei. Schließlich würde er seine Arbeitskraft, wie ein Arbeitnehmer, hauptberuflich der Gesellschaft zur Verfügung stellen und wirtschaftlich von ihr abhängig sein. Außerdem entspräche dies sowohl dem Interesse des Geschäftsführers als auch der Gesellschaft. Die Gesellschaft müsse schließlich nach einer Kündigung einen geeigneten anderen Kandidaten suchen. Die instanzgerichtliche Rechtsprechung ist dieser Ansicht gefolgt.

Das BAG sieht das nun anders

Das BAG hat diese Ausführungen abgelehnt und § 621 BGB für anwendbar erklärt. Zum einen führte das BAG dazu das naheliegende Argument an, dass der Wortlaut der beiden Normen eindeutig wäre. § 622 BGB solle offensichtlich nur für Arbeitsverhältnisse gelten. Der BGH hat seine Ansicht und die entsprechende Geltung von § 622 BGB unter anderem auch mit einem „Redaktionsversehen“ des Gesetzgebers begründet – also einem versehentlichen Fehler im Gesetz. Dagegen spreche laut BAG aber, dass der Gesetzgeber mittlerweile Gelegenheit gehabt hätte, einen solchen Fehler zu korrigieren. Da dies nicht passiert sei, überzeuge dieses Argument nicht mehr, so da BAG. Im Gegenteil, so seien die Kündigungsfristen für Dienstverhältnisse ebenfalls ausdrücklich im Gesetz geregelt. Auf die Interessen der Parteien könne es angesichts dieser klaren Regelungen rechtlich nicht ankommen.

BAG oder BGH?

Die Länge der gesetzlichen Kündigungsfrist könnte derzeit von Zivil- und Arbeitsgerichten unterschiedlich beurteilt werden.
Es bleibt nun die spannende Frage, ob die Zivilgerichte bzw. der BGH sich der Ansicht des BAG anschließen werden. Dafür spricht zumindest, dass die letzten BGH-Urteile zu Kündigungsfristen von Geschäftsführern bereits älter sind und teilweise vor der Neufassung des § 622 BGB ergingen.