Neuer Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie


Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat einen neuen Entwurf für das „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen“, das sogenannte Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) vorgelegt. Mit dem Gesetz soll nunmehr die EU-Whistleblower-Richtlinie (EU) 2019/1937 umgesetzt werden. Arbeitgeber und öffentliche Dienstherren in Deutschland müssen sich auf eine zeitnahe gesetzliche Umsetzung einstellen und entsprechende interne Hinweisgebermeldesysteme einrichten.

1. Verstärkter Schutz von Hinweisgebern durch die EU

Bereits im Jahr 2019 wurde die EU-Whistleblowing-Richtlinie erlassen, deren Umsetzung in nationales Recht durch alle EU-Mitgliedsstaaten bereits bis zum 17. Dezember 2021 hätte erfolgen müssen. Erst nach Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU-Kommission hat mit dem am 13. April vorgelegten Entwurf das deutsche Gesetzgebungsverfahren wieder Fahrt aufgenommen. Die umzusetzende Richtlinie sieht vor, dass öffentliche und private Organisationen verpflichtet werden, Kanäle für die Meldung von Missständen einzurichten, damit Hinweisgeber Verstöße möglichst gefahrlos melden können (wir berichteten bereits in einem früheren Blogbeitrag).

2. Referentenentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz

Kraft der begrenzten Kompetenzen der europäischen Gesetzgebungsorgane bezieht sich die bereits in Kraft getretene Richtlinie selbst nur auf die Meldung von Verstößen gegen das EU-Recht. Eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auf Hinweise zu Verstößen gegen nationale Gesetze, die keinen Bezug zum Unionsrecht haben, obliegt den nationalen Gesetzgebern der Mitgliedsstaaten. Der deutsche Gesetzesentwurf sieht eine entsprechende Erweiterung vor.

3. Schutzbereich

Nach dem BMJ Gesetzesentwurf werden Hinweisgeber auch im Zusammenhang mit Verstößen gegen nationales Recht geschützt, das keinen Bezug zum EU-Recht besitzt. Hinweisgebern wird also nicht zugemutet, vor der Meldung eines Verstoßes eine rechtshistorische Klärung über den Ursprung und Bezug einer gesetzlichen Regelung vorzunehmen. Auch die Unternehmen trifft selbstverständlich die Pflicht, nicht nur auf die Einhaltung von Unionsrecht zu achten, sondern die Einhaltung aller für sie geltender nationaler Vorschriften sicherzustellen.

Der genaue Anwendungsbereich bezieht sich jedoch auf Verstöße gegen Normen, die strafbewehrt sind und auf Verstöße gegen bußgeldbewerte Vorschriften, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient. Hierunter fallen z.B. Vorschriften aus den Bereichen Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz, Mindestlohngesetz, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und Verstöße gegen Auskunftspflichten gegenüber Mitarbeitervertretungen, die durch § 121 BetrVG sanktioniert werden.

In den Schutzbereich einbezogen werden explizit auch Verstöße gegen Rechtsnormen, die zur Umsetzung europäischer Regelungen getroffen wurden, wie z.B. in den Bereichen Geldwäsche, Umweltschutz, Produktsicherheit, Datenschutz, Vergaberecht und Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften.

Es werden aber nicht pauschal sämtliche Verstöße gegen nationales Recht geschützt. Potenzielle Hinweisgeber können insofern nur dann auf den Schutz des Gesetzes vertrauen, wenn es um Verstöße geht, die von diesem Katalog umfasst sind. Diese nicht immer leicht zu beantwortende Frage kann dazu führen, dass Hinweise unterlassen werden. Ob z.B. eine Verletzung von Rechten Beschäftigter oder ihrer Vertretungsorgane bußgeldbewehrt ist oder nicht, ist insbesondere für den Laien schwer zu beantworten.

4. Einrichtung interner Meldestellen

Beschäftigungsgeber, die zumindest 50 Personen beschäftigen, sollen verpflichtet werden, eine interne Meldestelle einzurichten. Übergangsweise gilt dies Verpflichtung für private Beschäftigungsgeber mit weniger als 250 Mitarbeitern jedoch erst ab dem 17. Dezember 2023. Der Gesetzesentwurf regelt dabei nicht explizit, ob bei der Zahl der regelmäßig Beschäftigten auch eingesetzte Leiharbeitnehmer berücksichtigt werden und ob nur in Deutschland beschäftigte Mitarbeiter Berücksichtigung finden.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Beschäftigten und Leiharbeitnehmern Meldungen in mündlicher oder in Textform ermöglicht werden müssen und regelt klar den Ablauf des Verfahrens einschließlich von Bearbeitungs-, Dokumentations- und Informationspflichten.

Neben den Beschäftigten und Leiharbeitnehmern kann die Meldestelle auch natürlichen Personen offenstehen, die beruflich mit dem Beschäftigungsgeber in Kontakt stehen.

Die Betreuung der internen Meldestelle kann auch an fachkundige externe Dritte übertragen werden und Beschäftigungsgeber mit weniger als 250 Beschäftigten können auch gemeinsam eine interne Meldestelle einrichten.

5. Schutz anonymer Hinweise?

Es besteht aber keine Verpflichtung, die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen. Solche Hinweise müssen vom Unternehmen nicht bearbeitet werden.

6. Vorrang interner Meldungen?

Während die EU-Richtline der internen Meldung Vorrang gegenüber der Meldung bei externen Meldestellen einräumt, stellt es der Gesetzesentwurf den Hinweisgebern frei, ob sie die Meldung gegenüber einer internen oder lieber direkt einer externen Meldestelle abgeben wollen. Ohne einen solchen Vorrang wird Unternehmen aber auch die Möglichkeit genommen, zunächst selbst Abhilfe zu schaffen.

7. Schutz des Hinweisgebers und Beweislastumkehr

Jede Form von Repressalien gegen den Hinweisgeber sind nach dem Gesetzesentwurf untersagt. Verstöße können mit einem Ordnungsgeld von bis zu EUR 100.000,- belegt werden. In diesem Zusammenhang gilt auch eine Regelung der Beweislastumkehr: Erleidet ein Hinweisgeber nach einem Hinweis eine Benachteiligung, muss der Arbeitgeber beweisen, dass es sich nicht um eine Repressalie handelt und die Benachteiligung auf gerechtfertigten Gründen basiert.