Kündigung eines Leiharbeitnehmers – Beschäftigung darf nicht nur vorübergehend wegfallen


Kündigt eine Leiharbeitsfirma das Arbeitsverhältnis mit einem Leiharbeitnehmer, weil der Kunde diesen nach einer Einsatzdauer von 9 Monaten für 3 Monate und 1 Tag nicht mehr beschäftigen will, so ist die Kündigung unwirksam. Denn die Möglichkeit, den Leiharbeitnehmer zu beschäftigen, entfällt dann nicht dauerhaft. Daneben kann die Kündigung auch wegen der Motivation des Entleihers für die vorübergehende Ablehnung der weiteren Beschäftigung unwirksam sein (ArbG Mönchengladbach, Entscheidung vom 20. März 2018 – 1 Ca 2686/17).

Hintergrund: Equal-Pay/Treatment

Nach dem neuen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) sind Leiharbeitnehmer ab dem ersten Tag ihrer Beschäftigung im Entleiherbetrieb, z.B. hinsichtlich des Arbeitsentgeltes, mit den Beschäftigten des Entleihers gleichzustellen. Hiervon darf nur durch Tarifvertrag und grundsätzlich nur in den ersten 9 Monaten der Einsatzzeit abgewichen werden (§ 8 Abs. 4 AÜG). Bei der Berechnung der Einsatzzeit sind alle Zeiträume bei demselben Entleiher zu berücksichtigten, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als 3 Monate liegen.

Ablehnung weiteren Einsatzes wegen zwingender Gleichstellung und Kündigung wegen fehlender sonstiger Einsatzmöglichkeiten

Ab dem 1. Januar 2018 wäre die Klägerin, die seit 2014 bei einer Leiharbeitsfirma angestellt war, mit den Arbeitnehmern des Entleihers gleichzustellen gewesen. Der Kunde lehnte jedoch einen weiteren Einsatz der Klägerin in seinem Betrieb über den 31. Dezember 2017 hinaus für die nächsten 3 Monate und 1 Tag ab. Er begründetet die Entscheidung damit, dass jeder weitere Einsatz von Mitarbeitern der Beklagten, der 9 Monate oder mehr betrage, nicht gewollt sei. Denn die anschließend zwingende Gleichstellung mit den Arbeitnehmern des Kunden sei mit ungewollten, deutlich höheren Kosten für den Verleiher verbunden, welche an den Entleiher weiterbelastet würden.

Aufgrund der Ablehnung eines weiteren Einsatzes der Klägerin bei dem Kunden und fehlenden sonstigen Einsatzmöglichkeiten bis zum 2. April 2018 kündigte die Beklagte der Klägerin betriebsbedingt mit Wirkung zum 31. Dezember 2017. Zeitgleich bot die Beklagte der Klägerin die Neueinstellung ab dem 2. April 2018 zu denselben Bedingungen (inkl. Einsatz bei demselben Kunden) an.

Lediglich kurzfristige Auftragslücken nicht geeignet, um betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen

Das ArbG Mönchengladbach erklärte die Kündigung für unwirksam. Bei einem Leiharbeitsverhältnis liege im Fall kurzfristiger Auftragslücken kein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung vor. Erforderlich sei vielmehr ein „dauerhafter“ Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit. Die notwendige „Dauerhaftigkeit“ sei aber erst nach einer Wartezeit von über 3 Monaten gegeben. Da hier der Beschäftigungsbedarf beim Entleiher jedoch tatsächlich gar nicht entfallen war – was durch das Neueinstellungsangebot ab dem 2. April 2018 belegt wurde – und die „Dreimonatsfrist“ nur um einen Tag überschritten werde, sei das Merkmal „auf Dauer“ nicht erfüllt.

Außerdem: Kündigung wegen der Motivation des Entleihers (Umgehung von § 8 Abs. 4 AÜG) unwirksam

Zudem sei laut ArbG bei der Frage nach der Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung auch der Grund des Entleihers für die vorübergehende Ablehnung der Weiterbeschäftigung eines Leiharbeitnehmers zu berücksichtigen. Liege eine gesetzeswidrige Motivation – wie die Umgehung des Equal Pay Grundsatzes – vor, so müsse dies einer betriebsbedingten Kündigung entgegenstehen. Ansonsten würde der Leiharbeitnehmer schutzlos gestellt. Die Kündigung des Leiharbeitnehmers  verstoße gegen ein gesetzliches Verbot und Treu und Glauben (§§ 134, 242 BGB).

Das dem Verleiher damit im Endeffekt für den vorübergehenden Zeitraum der Ablehnung der Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers durch den Entleiher das wirtschaftliche Risiko alleine aufgebürdet würde, sei nach Auffassung des Gerichts hinzunehmen.