Hinweisgeberschutzgesetz vom Bundestag beschlossen


Der Deutsche Bundestag hat in seiner letzten Sitzung des Jahres 2022 am 16. Dezember 2022 dem Regierungsentwurf von Juli 2022 zum neuen Hinweisgeberschutzgesetz in geänderter Fassung nun endgültig zugestimmt. Die Zustimmung des Bundesrats steht noch aus. Mit einem Inkrafttreten ist frühestens im April 2023 zu rechnen.

1. Bisheriger Verlauf

Nachdem die Bundesregierung die Frist zur Umsetzung der zugrunde liegenden EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern verpasst hat und daraufhin bereits ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland eingeleitet worden war, reagierte das Bundesministerium der Justiz (BMJ) im Juli 2022 mit einem ersten Referentenentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) (wir berichteten bereits in einem früheren Blogbeitrag). Dieser Referentenentwurf wurde aufgrund stark gewordener Kritik erneut überarbeitet und nun im Bundestag beschlossen. Sollte der Bundesrat diesem in seiner nächsten Sitzung im Februar 2023 zustimmen, ist mit einem Inkrafttreten nicht vor April nächsten Jahres zu rechnen.

2. Wesentliche Neuerungen

Nach dem vom Bundestag beschlossenen Entwurf wurde der bisherige Entwurf im Wesentlichen in folgenden Punkten geändert:

  • Anonyme Meldungen müssen verpflichtend bearbeitet werden können
  • Der Anwendungsbereich wird auch jegliche Verstöße gegen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten erweitert
  • Hinweisgebende können fortan für immaterielle Schäden entschädigt werden
  • Es werden auch Hinweise geschützt, die sich auch verfassungsfeindliche Äußerungen von Beamt/innen beziehen

3. Anonyme Meldungen

Eine entscheidende Änderung ist, dass fortan auch anonyme Meldungen dem Schutz des Gesetzes unterliegen sollen. Während der Entwurf aus Mitte 2022 einen Schutz für anonyme Meldung vollends unberücksichtigt ließ, findet sich nun eine entsprechende Regelung in der Beschlussvorlage. Zur Umsetzung wird es notwendig sein, dass die Unternehmen einen entsprechenden Kanal für eine anonyme Kommunikation einrichten. Da dies vor allem bei internen Meldestellen einen erhöhten Aufwand erfordert, besteht für die Einrichtung solcher anonymen Meldekanäle eine Umsetzungsfrist bis 1. Januar 2025, welche unabhängig von der Größe für alle betroffenen Unternehmen gilt

4. Erweiterter Anwendungsbereich

Auch der Anwendungsbereich wurde erweitert: Neben Verstößen gegen EU-Recht oder entsprechende nationale Ausführungsnormen sind auch Hinweise zu Straftaten jeder Art und Ordnungswidrigkeiten erfasst. Vor dem Hintergrund aktueller Geschehnisse rund um die Reichsbürger-Szene sind fortan auch Hinweise, die sich auf verfassungsfeindliche Äußerungen von Beamtinnen und Beamten beziehen, geschützt.

5. Schmerzensgeld

Neu ist auch eine Entschädigungspflicht für den Fall, dass Hinweisgeber Repressalien erleiden, aus denen kein Vermögensschaden resultiert. Umgesetzt wird dies durch einen Anspruch auf Wiedergutmachung in Form von Schmerzensgeld. Neben der weiterhin vorgesehenen Beweislastumkehr, die dem Arbeitgeber auferlegt, nachzuweisen, dass es sich im Zweifel nicht um eine Repressalie gegen einen Hinweisgeber handelt, sollen so die Hinweisgeber noch stärker geschützt werden.

6. Einrichtung von Meldekanälen

Auch nach dem überarbeiteten Gesetzesentwurf sind grundsätzlich Unternehmen und Organisationen ab 50 Beschäftigten in der Pflicht, interne Hinweisgebersysteme einzurichten. Auch die schon im Referentenentwurf vorgesehene Schonfrist für kleinere Unternehmen bis 250 Beschäftigte bleibt bestehen, sodass diese für die Umsetzung Zeit bis Ende 2023 haben. Es bleibt den Hinweisgebern weiterhin überlassen, ob sie sich im Falle eines Verstoßes an die interne Meldestelle im Unternehmen wenden oder aber an eine noch einzurichtende externe Meldestelle.
Die Möglichkeit eine Meldestelle durch externe Dritte betreiben zu lassen besteht weiterhin. Gleiches gilt für die Konzernlösung, also die Möglichkeit konzernintern eine zentrale Meldestelle für mehrere Unternehmen einzurichten.