EU-Entgelttransparenzrichtlinie: Vorbereitung auf die umfangreichen Berichtspflichten


Unternehmen ab 150 Beschäftigten müssen bereits über das Jahr 2026 berichten

Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie 2023/970 (ET-RL) beinhaltet weitreichende neue Transparenz- und Berichtspflichten. Unternehmen ab 150 Beschäftigten müssen erstmals bis 7. Juni 2027 über das Entgelt aus 2026 berichten. Ziel ist mehr Nachvollziehbarkeit und Fairness bei Vergütungssystemen in Unternehmen. Die Daten werden zentral bei nationalen Meldestellen eingereicht, die sie sammeln und veröffentlichen. Das soll Vergleichbarkeit schaffen zwischen Arbeitgebern, Sektoren und Regionen. Für viele Unternehmen bedeutet es: neue Prozesse, zusätzliche Datenarbeit, zügiger Handlungsbedarf.

Trotz der fehlenden Umsetzung in nationales Recht, sollten HR-Abteilungen jetzt handeln. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie ein klar definiertes und diskriminierungsfreies Entgeltsystem haben, auf dessen Basis sie ab Juni 2026 auch die von der ET-RL geschaffenen Transparenz- und Auskunftspflichten der Mitarbeiter erfüllen können (über diese berichten wir in gesonderten Blogbeiträgen, siehe Links unter diesem Beitrag). Insofern und auch mit Blick auf die Berichtspflichten ist jetzt der richtige Zeitpunkt, sich einen Überblick über den Status quo zu verschaffen, diesen am Maßstab der ET-RL zu messen und ggf. Anpassungen am Entgeltsystem vorzunehmen. In diesem Beitrag fokussieren wir uns dabei auf die Berichtspflichten nach Art. 9 der ET-RL, die diesbezüglichen Fristen und die praktische Umsetzung.

Wer muss berichten und ab wann?

  • ab 250 Beschäftigten: erste Meldung bis 7. Juni 2027, danach jährlich
  • 150 bis 249 Beschäftigte: erste Meldung bis 7. Juni 2027, danach alle drei Jahre
  • 100 bis 149 Beschäftigte: erste Meldung bis 7. Juni 2031, danach alle drei Jahre

Für Unternehmen unter 100 Beschäftigten überlässt die ET-RL den Mitgliedstaaten die Entscheidung. Für Deutschland wird derzeit nicht mit einer solchen Ausweitung der Berichtspflicht auf kleinere Unternehmen gerechnet, nachdem sich die vom Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend eingesetzte Kommission „Bürokratiearme Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie“ in ihrem Abschlussbericht dagegen ausgesprochen hat.

Im Vergleich zum bisherigen deutschen Entgelttransparenzgesetz, das nur für private Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten eine Berichterstattung vorsieht, stellen die neuen Regeln eine deutliche Verschärfung dar.

Berichtet wird jeweils über das vorherige Kalenderjahr. Damit müssen der Berichtspflicht unterliegende Unternehmen über das Kalenderjahr 2026 bereits berichten.

Inhalt der Berichterstattung

Nach Artikel 9 ET-RL sind insbesondere folgende Kennzahlen zu übermitteln:

  1. das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle,
  2. das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle bei ergänzenden oder variablen Bestandteilen,
  3. das mittlere geschlechtsspezifische Entgeltgefälle (bezogen auf die Median-Entgelthöhe),
  4. das mittlere geschlechtsspezifische Entgeltgefälle bei ergänzenden oder variablen Bestandteilen,
  5. der Anteil der Beschäftigten, die ergänzende oder variable Bestandteile erhalten,
  6. der Anteil der Beschäftigten in jedem Entgeltquartil,
  7. das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle zwischen Arbeitnehmern bei Gruppen von Arbeitnehmern, getrennt nach normalem Grundlohn/-gehalt sowie nach ergänzenden oder variablen Bestandteilen.

Hierfür müssen zunächst alle Entgeltbestandteile erfasst und die Kennzahlen getrennt nach Frauen und Männern berechnet werden. Wie Beschäftigte mit einer diversen Geschlechteridentität einzubeziehen sind, lässt die Richtlinie offen.

Veröffentlichung und Auskunftsrechte

Die Daten gehen an nationale Meldestellen, die für Sammlung und Veröffentlichung zuständig sind. Sie machen die Angaben nach lit. a) bis f) – perspektivisch für die letzten vier Jahre (anfangs für das letzte Jahr) – in „einfach zugänglicher und benutzerfreundlicher Weise“ öffentlich zugänglich. Unternehmen können diese zusätzlich selbst veröffentlichen, etwa auf ihrer Website.

Unabhängig davon müssen Arbeitgeber die Informationen zum Gesamtgehaltsgefüge allen Beschäftigten und den Arbeitnehmervertretern bereitstellen, auch die nach Gruppen von Arbeitnehmern aufgeschlüsselten Daten nach lit. g). Beschäftigte, Arbeitnehmervertreter, Arbeitsaufsichtsbehörden und die Gleichbehandlungsstelle können weitere Erläuterungen anfordern. Die Antworten sind zu begründen. Ergibt sich ein nicht objektiv gerechtfertigtes geschlechtsspezifisches Entgeltgefälle, ist innerhalb angemessener Zeit Abhilfe zu schaffen – in enger Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretern und Behörden.

„Gruppen von Arbeitnehmern“ und gleichwertige Arbeit

Besonders anspruchsvoll ist die Berichterstattung nach lit. g) zu „Gruppen von Arbeitnehmern“, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten. Gleichwertigkeit ist anhand nichtdiskriminierender, objektiver und geschlechtsneutraler Kriterien zu bestimmen. Maßgeblich sind nach Art. 4 Abs. 4 ET-RL insbesondere Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen; relevante soziale Kompetenzen dürfen nicht unterbewertet werden. In der Praxis führt an einer systematischen Arbeitsplatzbewertung und einer nachvollziehbaren Einteilung aller Funktionen im Unternehmen kaum ein Weg vorbei.

Sanktionen

Die ET-RL verlangt wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen, einschließlich Geldbußen. Zudem sollen Behörden und Gerichte Verstöße untersagen und Maßnahmen zur Einhaltung anordnen können. Welche Sanktionen im Einzelnen angeordnet werden können und von wem, wird der nationale Gesetzgeber festlegen.

Weiterführende Informationen, wie sich Unternehmen jetzt schon auf die Entgelttransparenz im Bewerbungsprozess vorbereiten können, finden Sie hier.