BAG zum Transparenzgebot bei zweistufigen Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen


Die AGB-Kontrolle von Arbeitsverträgen gehört zu den Dauerbrennern in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Häufig waren dabei Ausschlussklauseln Gegenstand der Urteile. Das BAG beschäftigte sich erst kürzlich wieder mit sog. zweistufigen Ausschlussfristen und monierte mangelnde Transparenz (BAG, Urteil vom 3. Dez. 2019 – 9 AZR 44/19).

Kläger verlangte Spesenzahlung von seinem Arbeitgeber

Der Kläger verlangte von seinem Arbeitgeber die Zahlung von Spesen in Höhe von EUR 1.704,00 für die Monate März, August und Dezember 2016 sowie Februar bis Juni 2017. Die Erstattung hatte der Kläger bereits am Ende des jeweiligen Monats gefordert. Das Arbeitsverhältnis endete im Juni 2017, woraufhin der Arbeitgeber mitteilte, er sehe sich gezwungen, die Spesen an den Kläger „zurück zu geben“. Er behauptete dann, der Arbeitnehmer könne diese bei der nächsten Steuererklärung einreichen und Erstattung vom Finanzamt verlangen. Nachdem dies ohne Erfolg blieb, forderte der Kläger den Beklagten erneut zur Zahlung der Spesen auf. Dies lehnte der Beklagte ab. Kurz darauf erhob der Mitarbeiter Klage beim Arbeitsgericht.

Zweistufige Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag enthielt – einer weitverbreiteten Praxis folgend – eine Ausschlussfristenklausel. Danach sollten alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden (erste Stufe). Weiterhin sollte der Anspruch auch nach Geltendmachung verfallen, wenn die Gegenseite den Anspruch ablehnt oder sich nicht innerhalb von zwei Wochen „dagegen“ erklärt und der Anspruch dann nicht innerhalb von drei Monaten gerichtlich geltend gemacht wird (zweite Stufe).

Der Beklagte berief sich auf die Ausschlussklausel. Der Kläger hingegen machte geltend, diese sei unwirksam, weil sie bereits auf der ersten Stufe keine Ausnahme für bestimmte Ansprüche wie z.B. den Mindestlohn machte (der Arbeitsrechtsblog von OC berichtete bereits hier über Ausnahmen für den gesetzlichen Mindestlohn). Das Arbeitsgericht gab der Klage des Klägers zunächst statt. Das Landesarbeitsgericht entschied im gegenteiligen Sinne.

BAG: Verstoß gegen Transparenzgebot

Das BAG folgte dem Arbeitsgericht und urteilte, dass die im Arbeitsvertrag verwendete Ausschlussklausel unwirksam gewesen sei. Dabei betrachtete es jedoch nicht die erste, sondern die zweite Stufe der Klausel. Diese sei intransparent, weil sie die geltende Rechtslage unzutreffend darstelle und damit bei einem verständigen Arbeitnehmer einen Irrtum darüber hervorrufen könne, welches Verhalten von ihm gefordert wird, um seine Ansprüche geltend zu machen. Dies sei der Fall, weil sie die Fälle, in denen der Arbeitgeber die Erfüllung des Anspruchs zugesagt oder den Anspruch anerkannt oder streitlos gestellt hat, aus ihrem Anwendungsbereich nicht ausnimmt und damit vom Arbeitnehmer in jedem Falle verlangt, den Anspruch zur Vermeidung seines Verfalls gerichtlich geltend zu machen.

Das BAG stellte auf die Besonderheiten der Klausel ab, nämlich, dass sich der Anspruchsgegner „nicht dagegen erklärt“. Die Klausel stelle daher nicht – wie üblich – auf ein Schweigen des Anspruchsgegners, sondern auf eine Erklärung gegen den Anspruch ab. Vor diesem Hintergrund hätte der Anspruchsinhaber auch dann klagen müssen, wenn der Anspruchsgegner die Erfüllung des Anspruchs zugesagt oder diesen anerkannt oder streitlos gestellt hätte. Denn auch in diesen Fällen hat er sich „nicht dagegen“ erklärt. Daher sei die Klausel unwirksam und müsse gestrichen werden.